Notizen für die www.Initiative-Dialog.de

14 April 2008

Rechtsextremistischer "Vormarsch" ?

balance.seeker schrieb am 05.04.2008 21:37 Uhr im Forum: "Gabs hier schonmal ne Diskussion darüber, was man gegen den Rechten Vormarsch unternehmen kann? Wenn ja: Führt mich hin!!"

Antwort:

1. Zunächst solltest Du Rechtsextremisten klar machen, dass ihr "Vormarsch" Wunschdenken derer ist, die sich von ihrer Szenepropaganda über ihre Glücklosigkeit bei Wahlen hinwegtrösten lassen, obwohl sich unsere Gesellschaft den Luxus leistet, Parteien an Wahlen teilnehmen zu lassen, die Wahlen abschaffen wollen.
Deshalb fordern Leute wie ich z.B. >> www.inidia.de/npd-verbot.htm

2. Wenn Du den Unterschied zwischen "Rechten" und "Rechtsextremisten", zwischen "Vormarsch" und "Marschierern" durch eigene Überlegungen geklärt hast, kannst Du mit Rechtsextremisten diskutieren, ob sie ihren "Marsch" überhaupt wollen, zumal er schon einmal im schlimmsten Schlamassel (ver-)endete, denn die meisten Rechtsextremisten versprechen sich "Heil" ausgerechnet von Dingen, die Unheil bescheren, wollen "nur ein bisschen" mitmarschieren und bilden sich ein, es werde schon gut gehen. Aber im persönlichen Leben bestätigt sich das so wenig wie schon in der Geschichte.

So betreffen diese beiden Punkte Diskussionen, die Du mit Rechtsextremisten klären könntest. Nimm es mal als "Ebene A". Dann gibt es noch die "Ebene B", auf der mit der Gesellschaft über die richtige Politik zu diskutieren ist, denn Rechtsextremismus ist eines unter vielen anderen Abfallprodukten bzw. Nebenwirkungen schlechter Politik. - Und darüber diskutieren wir fortlaufend in unseren anderen Foren, wann immer Du hinschaust.

Du wirst feststellen, dass Rechtsextremisten an solchen Debatten entweder nicht teilnehmen oder jede Debatte in Richtung Ausländeranfeindung abzulenken versuchen, obwohl ihnen eigentlich oft gefällt, was ich schreibe, wie es sich in persönlichen Gesprächen bestätigt, aber sie mögen dem nicht öffentlich zustimmen, weil sie im Glauben sind, der Foren-Öffentlichkeit Propaganda zu schulden, permanenten Nachweis der eigenen Feindschaftlichkeit.

Was ich an besserer Politik fordere, lies also bitte im Politikforum nach, denn hier als Antwort auf Deine Frage will ich jetzt nur ganz wenige Dinge aufzählen, die ich in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus für speziell halte, aber Vorbeugung wäre eben das "bessere Stoppen".

Deshalb nur das relativ aktuelle Beispiel der "Vorratsdatenspeicherung", die aus Gründen staatlicher Missbrauchsmöglichkeiten auf demokratischen und verfassungsrechtlichen Widerstand stieß, auf "besonders schwere Straftaten" beschränkt wurde, während ich die Missbrauchsmöglichkeiten nicht durch solche Beschränkung, sondern von Anzeige-Erfordernissen abhängig gemacht sehen möchte: Beispielsweise automatische Löschung aller Verbindungsdaten in Frist von sechs Monaten, die nicht durch berechtigte Strafanzeigen für konkrete Ermittlungen gebraucht werden. Beispielsweise für Strafanzeigen gegen Leute, die gezielt unsere Server und Foren angreifen, was zwar nicht die Schwere von terroristischen oder anderer existentieller Straftaten hat, aber z.B. mein verfassungsmäßiges Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit unterminiert oder mich sogar als Forenbetreiber kriminalisiert.

Wenn solche Straftäter erst dann verfolgt werden, wenn sie mit Bomben werkeln wollen, wird meine Freiheit geschädigt, das Strafrecht ausgehöhlt und werden Straftäter in ihrem Treiben geschützt.

In solchen Dingen befinde ich mich in tiefem Widerspruch zu vielen Leuten, die jede Ermächtigung des Staates für einen Angriff auf ihre Privatautonomie halten, aber übersehen, dass sie auf ihre Weise bedeutsame Bereiche des Freiheitsschutzes der Selbstjustiz vorbehalten, also auf Freiheitsschutz verzichten, obwohl sie damit dem Staat die Missbrauchsmöglichkeiten in keiner Weise Einhalt gebieten.

Leuten wie Schily, Schäuble & Co. ist das nur recht, denn sie brauchen sich nicht in den Niederungen der Gesellschaft um ihren Schutz und ihre Freiheit mühen, haben dafür ihre Security, ihre öffentlich-rechtlichen Medien, in denen sie sich ihre Diskussionsthemen und Diskussionsgegner aussuchen können, die Gesellschaft auf Politik-Konsum reduzieren.

Dies also mal als Beispiel für konkreten Antifaschismus aus meiner Perspektive: Ich will Leute straftrechtlich verfolgt sehen, die gegen mich als Forenbetreiber aus Gründen ihrer politischen Ansichten Straftaten begehen. Dass durch Vorrtatsdatenspeicherung auch Leute strafverfolgt werden könnten, die Straftaten aus vermeintlich antifaschistischen Gründen begehen, ist mir kein Gegenargument, sondern zusätzliches Argument, denn jede Präferenz für die Selbstjustiz zum Nachteil der Rechtsstaatlichkeit ist faschistoid.

  • Diskussion
  • 07 April 2008

    Vereinsverbot gegen Kameradschaft Tor bestätigt

    Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat die Klage der Kameradschaft Tor Berlin gegen das von der Senatsverwaltung für Inneres des Landes Berlin ausgesprochene Vereinsverbot durch Urteil vom 11. März 2008, das den Verfahrensbeteiligten in den letzten Tagen zugestellt wurde, abgewiesen. Die Behörde begründete die Verbotsverfügung damit, dass sich die seit dem Jahr 2000 existierende Kameradschaft einschließlich ihrer sog. „Mädelgruppe“ gegen die verfassungsmäßige Ordnung richte; sie trete für einen „nationalen Sozialismus“ ein, glorifiziere kontinuierlich Adolf Hitler, Rudolf Hess sowie Horst Wessel, habe eine antisemitische Einstellung, trete aggressiv fremdenfeindlich und rassistisch auf und lehne die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab. Den Einwänden der Kameradschaft, die unter anderem geltend gemacht hat, lediglich eine „Diskutier- und Selbsthilfevereinigung“ zu sein, ist der Senat nicht gefolgt. Dem vorliegenden Beweismaterial sei bei umfassender Würdigung zu entnehmen, dass die Kameradschaft Tor eine dem Nationalsozialismus wesensverwandte Ausrichtung aufweise, die sie kämpferisch-aggressiv, insbesondere durch die öffentliche Verbreitung von entsprechendem Propagandamaterial, verfolge. Das Verbot sei im Hinblick auf die Aktionen der Kameradschaft frei von Willkür und verhältnismäßig. Das Gericht hat insoweit hervorgehoben, dass eine Vereinigung, deren Ziel die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sei, sich für darauf gerichtete Handlungen nicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung freier politischer Betätigung berufen könne. Die Revision gegen das Urteil ist nicht zugelassen worden.

    Urteil vom 11. März 2008 – OVG 1 A 3.05 -

    OVG-Pressemitteilung, Berlin, den 07.04.2008

    03 April 2008

    BGH hebt NPD-Freisprüche auf

    Freispruch eines NPD-Funktionärs teilweise aufgehoben

    Das Landgericht Dresden hat den Angeklagten vom Vorwurf der mehrfachen Volksverhetzung, Gewaltverherrlichung und weiterer Straftaten freigesprochen.

    Nach seinen Feststellungen ist der Angeklagte seit seinem 14. Lebensjahr in politisch rechtsgerichteten Organisationen und Parteien aktiv sowie seit dem Jahre 1998 Mitglied des Bundesvorstands der NPD. Im Jahre 1993 machte er sich mit dem Handel von CDs selbstständig. Im Januar 1998 brachte er sein Unternehmen in die der NPD nahe stehenden "Deutsche Stimme Verlags Gesellschaft mbH" ein. Dort war er zunächst als Produktionsleiter angestellt und für alle Artikel verantwortlich, die der Verlag vertrieb; seit dem Jahre 2004 ist er einer von zwei Geschäftsführern. Der Angeklagte hatte bei der Auswahl der CDs freie Hand und trug die Verantwortung für die rechtliche Seite der Produktionen. Dabei war ihm klar, dass sich die von dem Verlag unter seiner Leitung vertriebenen Liedtexte teilweise am Rande der Legalität bewegten.

    Die Staatsanwaltschaft hat wegen des Inhalts von acht CDs, die bei einer Durchsuchung der Räumlichkeiten der "Deutsche Stimme Verlags Gesellschaft mbH" im März 2003 sichergestellt wurden, Anklage erhoben. Das Landgericht hat den Freispruch des Angeklagten damit begründet, dass teilweise schon die Voraussetzungen des objektiven Tatbestands der jeweils in Betracht kommenden Strafvorschriften nicht gegeben seien; teilweise hat es angenommen, der Angeklagte habe sich aufgrund anwaltlicher Beratung über die Strafbarkeit seines Verhaltens geirrt

    Auf die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (Staatsschutzsenat) den Freispruch des Angeklagten in drei Fällen bestätigt. Hinsichtlich der weiteren fünf Taten hat er das Urteil aufgehoben, weil der Angeklagte objektiv gegen Strafvorschriften verstoßen hat und der ihm jeweils zugebilligte Irrtum nicht fehlerfrei festgestellt worden ist. Das Landgericht Dresden muss nunmehr die Sache in diesem Umfang erneut verhandeln und entscheiden.

    Urteil vom 3. April 2008 – 3 StR 394/07
    Landgericht Dresden - 14 KLs 201 Js 68742/01 – Entscheidung vom 07.03.2007
    Quelle BGH-Presseerklärung