@Dretales, dass es unterschiedliche Grade des Extremismus gibt, folgt schon daraus, dass niemand als Extremist geboren wird. Weil gegen Überzeugungen keine Verbote helfen, wirst du das im politischen Diskurs auch nirgends als Forderung finden. Allenfalls in einigen religiösen Kreisen gibt es "Denkverbote".
Die Diskussion zum Für und Wider eines "NPD-Verbots" betrifft folglich nicht Überzeugungen, sondern die Frage, wie viel Freiraum rechtsextremistischen Überzeugungen für politische Betätigungen belassen werden darf. Dazu wird hier die Ansicht vertreten, die NPD zu verbieten, weil sie nach nach dem Verhalten ihrer Führung und vieler ihrer Anhänger eine Nachfolgeorganisation der NSDAP ist.
Dretales hat geschrieben: "Das Verbieten dieser Partei würden sie als Selbstbestätigung auslegen ..."
Stimmt, denn Extremisten fühlen sich notorisch "bestätigt" und keineswegs nur durch Verbote, sondern viel eher durch Erlaubnisse, zumal Erlaubnisse ihnen nie weit genug gehen können. Dann würden sie wieder auf den Straßen demonstrieren, was sie heute verboten nur an Toilettenwände schmieren, also "Juda verrecke!" usw.
Extremisten lassen sich die Regeln friedlichen Zusammenlebens nicht gelten. Und ausnahmslos jede Regel, auch die einfachste und "selbstverständlichste" Regel würde von Extremisten umgehend zu einem Drahtseilakt umfunktioniert, denn für Extremisten zählt wesentlich die Grenzverletzung und überhaupt wenig, was diesseits oder jenseits von Grenzen besser oder schlechter wäre.
Dretales hat geschrieben: "und sich selbst als die "armen" darstellen"
Das tun sie so oder so und neben dem Größenwahn. Nazis möchten sich einerseits als "Opfer der Geschichte" sehen, um daraus Hass zu schüren, ohne ihre vermeintlicher Überlegenheit dazu im Widerspruch zu sehen. Logik ist Logik, aber eben für Extremisten längst kein Weg zur Erkenntnis bzw. zum Geständnis.
Dretales hat geschrieben: "und so weitere Gewaltdelikte rechtfertigen."
Jeder Kriminelle macht sich seine "Rechtfertigung", sonst könnte er sich morgens nicht im Spiegel begegnen. Aber zumeist wissen sie ausreichend, was an ihren Rechtfertigungen nicht stimmt, ansonsten dürften sie niemand bestrafen und es wären ausschließlich Therapien zulässig, denn unsere Gesetze verbieten die Strafe, wenn jemandem das Einsichtsvermögen fehlt.
Tatsächlich gibt es diesbezüglich viel Erkenntnis- und Handlungsbedarf, dass politischer Extremismus (wie) Suchtverhalten ist. Die sich damit besaufenden Leute bekommen davon nicht genug, wobei immer auch welchen im eigenen Dreck der SchwarzWeißMalerei die Augen aufgehen und den Blick für den Pluralismus als Gewährleistung des demokratischen Weges frei bekommen. Die gescheitere Freundin oder Arbeitskollege usw. Je relevanter für den Lebenswandel im gegenseitigen Verantwortungsgeflecht, desto relevanter für den Gesinnungswandel.
Den Begriff "Verantwortungsgeflecht" nicht überlesen, denn das ist Dreh- und Angelpunkt für Denkweisen und Verhalten, weshalb abstraktes Theoretisieren einen Extremisten nur ausnahmsweise erreicht und Haftstrafen kaum jemanden bessern, sondern ihren Haupteffekt in der öffentlichen Sicherheit haben.
Die Eigenverantwortlichkeit bleibt Hauptadresse, denn die Gesellschaft ist nicht verpflichtet, jedem Schnösel die gescheitere Freundin oder den gescheiteren Papa an die Hand zu geben. Das Projekt unserer Initiative-Dialog plädiert allerdings dafür, dass sich die Gesellschaft ihrer Mitverantwortung stellt, nicht wegschaut, sondern dem Extremismus sowohl inhaltlich als auch individuell widerspricht - und Verantwortlichkeiten für Fehlverhalten ernster nimmt, z.B. erziehungsfaule Eltern bestraft, erziehungsversagende Eltern unterstützt usw.
Dretales hat geschrieben: "Wir müssen meiner Meinung auch eine rechte Opposition aufrecht erhalten, um diese Diskussion zwischen Antifa und Nazis aufrecht zu halten."
Das wäre so, als müssten wir Drogenmafia "aufrecht erhalten", um die Diskussion mit den Süchtigen führen zu können. Das können wir aber auch locker bzw. entschieden lockerer, je verbotener die Mafia ist.
Dretales hat geschrieben: "Denn Unterdrücken, ob sie gerechtfertigt ist oder nicht, trifft immer auf Widerstand."
Begriffe wie "Unterdrücken" und "Widerstand" sind reichlich inflationiert und werden sinnentleert, wenn zwischen demokratischem Widerstand und extremistischer Aktion nicht mehr unterschieden wird. Zu gern sieht sich der ideologische und tätliche Amokläufer als "Widerstandskämpfer", deren eigentliche Probleme empirisch nicht im Politischen, sondern in persönlichen und kaputten Verantwortungsverhältnissen wurzeln, denen sie entweder intellektuell nicht gewachsen sind und/oder sie zu Lasten der Gesellschaft "verarbeiten" bwz. kompensieren.
Die Versuchungen zum und durch den "ideologischen Kurzschluss" sind mitunter auch den Gescheitesten einfach zu groß.
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