Notizen für die www.Initiative-Dialog.de

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24 April 2017

Ignaz Bubis +++ "Das letzte Gespräch"

Selbstverständlich ist die Dokumentation von Johanna Behre und Andreas Morell wichtig und richtig, aber es schmerzt, denn Bubis war so authentisch, dass er auch von besten Schauspielern überhaupt nicht zu schauspielern ist und auch nur schwer authentisch zu kommentieren, jedenfalls bei enthaltenen Originalaufnahmen. Wie Bubis in Rostock-Lichtenhagen.
Ich hätte damals zerspringen mögen - in meinem Sessel - vor meinem Fernseher, was mir über gesteigertes Temperament hinaus eher fremd ist, aber diese Momente in seinem Gesicht und den Worten inmitten dieser surreal-realen Welt - nicht dieser Idioten, die da zündelten, sondern dieses Staates wie aus Komplettversagern - und wir wussten noch nicht, dass es für niemanden politische, dienstrechtliche oder strafrechtlich Konsequenzen hatte, "weil verjährt".
Das ließ man verjähren. Und man hätte es ahnen müssen und hindern, als Bubis in Lichtenhagen ...

Bubis ist so ganz ähnlich wie Reich-Ranicki, viel zu gescheit für den flachen Streit und doch irgendwie deshalb Verlierer, weil ihnen ernst ist, etwas für wichtig zu halten, auch ohne genau zu wissen, ob und wie es geht - und was dann noch fast jeder anders versteht.
Das macht solchen Menschen Einsamkeit, die durch keine Gesellschaft zu trösten ist.

Und damals auf der anderen Seite Walser, dem es so leid tut, die gebotene Hand nicht angenommen haben, als es noch ging, weil zu eitel oder zu ehrlich tief verletzt von der Kritik vieler, die zuvor noch in der Paulskirche applaudiert hatten, wie sie aber doch immer tun, wenn irgendwie einer von ihnen.
Auch das macht untröstliche Einsamkeit. Über das eigene Ungeschick und einen entscheidenden Zeitpunkt verpasst zu haben - trotz aller Nachdenkerei.

Aber intellektuell alle überfordert vom Dilemma, die solcher Größenordnung eigen ist - was eben bei vielen die Neigung steigert zum Plätten und auch zum Instrumentalisieren.
Die wenigen Mensch', die das Dilemma an sich zu meistern versuchen, damit daraus kein Unfug wird, müssen offenbar scheitern, aber daran NICHT zu zerbrechen, wäre bestes Recht.
Das hätte ich ins Ohr flüstern mögen. Aber auch ich war damals eher ratlos, zu empört, wenngleich ich sofort Antifaschismus.de registrierte und über die Schuld schrieb.

Künftige Generationen und Historiker werden es leichter haben und es sich hoffentlich nicht zu leicht machen, denn was da "Zivilisationsbruch" genannt wird und war, war eben auch inmitten zivilisierter Menschen und Staaten - nicht unmöglich.

24 Februar 2017

Zum Berliner Holocaust-Mahnmal aus heutiger Sicht

Mit meinen Gefühlen weiß ich mich nie allein, aber sie sind deshalb nicht allgemein.
Wenn ich Gefühle überdenke, dann sind sie im Wandel. Auch nicht jeden Tag gleich ...

Was "die meisten" fühlen, glauben, denken, ist gewiss von politischer Bedeutung, aber eben auch Zeitgeist. Da war es nicht 72 Jahre lang gleich, sondern Jahrzehnte des Ringens, die Shoa überhaupt wahrzunehmen.
Und der Umgang damit war immer im Streit, denn es gibt eben auch viele Perspektiven: Die Opferperspektive, die Perspektive der Täter, der Mitläufer, der Ahnungslosen und Gleichgültigen, der Widerstandskämpfer, Nachgeborenen - und alle mit eigenen Vorstellungen, mit eigenem Empfinden für Schuld, Scham, Schmerz und Verantwortung.

Die Perspektivenvielfalt müsste jedem konstruktiv sein,
- wenn wirklich zugehört würde und die Aufrichtigkeit geprüft,
- wenn weniger irrwegige Gewissheit wäre, eine Endlösung für die "Endlösung" zu kennen, denn wir können immer dazu lernen
- und leichter, wenn wir riskieren, unsere Irrtümer in Texten festzuhalten,
- wenn wir die Texte wenigstens minimalistisch testen, wie es denn um die Gegenthese bestellt wäre.

Dem halten meine kritischen Texte vor dem Berliner Mahnmalsbau nicht stand. Schon erst recht den Erfahrungen, ob allein oder mit Berlin-Gästen im Holocaust-Mahnmal.
Und wir fanden stets wieder heraus, denn die Stätte hat viele "Auswege" - so anders als die Vernichtungslager. Immerhin.

Ist Versöhnung Ausweg? Das ist sie oft. Und entsprechend war meine Mahnmals-Forderung früher in gut gemeinter Stellvertretung für beiderlei Kreise, die sich jüdisch oder nichtjüdisch identifizieren, obgleich solch' Unterschied mir kein Gegensatz ist, den der Antisemitismus daraus zu Menschenasche machte. Und Wiedergutmachung unmöglich.
Denn wie wäre mir zumute, wenn mir ein Land die Lieben gemordet hätte und Jahrzehnte später die Hand zur Versöhnung reicht?
Wahrscheinlicher wäre ich empört, denn den Opfern gebührt der höchste Stellenwert, folglich das Schuldanerkenntnis dieser Unverzeihlichkeit- und die Zusicherung, dass es nie wieder passiert.

Die Welt braucht so viel Versöhnung und Vergebung, wenngleich begangenes Unrecht millionenfach bleibt - und wohl auch das Dilemma..

Machen wir jemanden tatsäch krank, wenn den Opfern höherer Stellenwert gebührt als den Befindlichkeiten von Menschen, die sich mit Fußball-Helden identifizieren dürfen, nicht aber mit Juden in Viehwaggons?
Hmm, sensible Menschen kann passieren, dass sie leiden. Dann fragt sich, ob Mitleid oder Selbstmitleid, denn daraus ist eher der Scheideweg von gesund und ungesund.

Mitgefühl ist häufig spontan, auch verlernbar, aber auch erlernbar. Opfern emotional und politisch Beistand zu leisten, ist ebenfalls erlernbar, macht Sinn. - Dann steht der Mensch als Mensch vor den Opfern einer Geschichte und Politik derer, denen "Identitäres" genetischer ist als es dem Intellekt sein dürfte. Und es schadet überhaupt nicht, im ganzen Leben auch daran immer wieder zu arbeiten. Zumal der Leichtigkeit bewusst, wenn wir im Frieden und einigem Wohlstand leben. Und in der Freiheit, dass wenn wir die Sonne genießen möchten und keinen etwaigen Menschheits-Verdruss durch Gedenken an Menschheitsverbrechen, dann eben einen Bogen um die Erinnerung machen, indem wir umschalten oder auf den Fernsehturm gehen.

Bereut hat den Besuch des Berliner Holocaust-Mahnmals von meinen Gästen jedenfalls noch niemand - und von mir vermutlich auch nicht den Eindruck, dass ich in Scham versunken wäre, sondern eher stolz darauf, dass sich mein Land der Schande dieses Verbrechens an derart prominenter Stelle mit doch recht umfänglichen Aufwand stellen.

Es ist doch so, dass der Shoa auf viele Weise gedacht werden kann, also auch darf. Konzeptvergleiche mögen lohnen, aber oft könnte stärkere Betonung auf Ergänzung oder einfach auf "Beitrag" und weniger an Konkurrenz festgehalten werden, in denen die Versionen entstanden.

Liebe Grüße aus Pankow!

21 August 2013

Zur Kranzniederlegung in Dachau

FB-JüdischeAllgemeine hat geschrieben: "Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht heute die KZ-Gedenkstätte Dachau. Die Kanzlerin wird einen Kranz am Internationalen Mahnmal ablegen, zwei historische Räume besichtigen und mit Überlebenden des ehemaligen Konzentrationslagers zusammentreffen."
Auf den Kranzschleifen müsste im Kleingedruckten stehen: "Wer in gegenwärtigen Zeiten nicht gegen das Unrecht der eigenen Horden zu streiten bereit ist, wäre dazu vermutlich erst recht nicht in den Holocaust-Zeiten bereit gewesen." - Der Frage daraus haben sich ausnahmslos alle Menschen zu stellen.

04 Juli 2013

Zur Weigerung der Eichmann-Aktenöffnung

Bezug >> http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/16408

Unfasslich, was sich Staaten einbilden, der Welt und den eigenen Bürgern unter dem Vorwand "Nationaler Interessen" an Information vorenthalten zu dürfen und damit Spekulationen zu provozieren, denn so sieht es eben genau danach aus, dass die damaligen BND-Chefs eben doch mit den NS-Schlächtern so sehr verbandelt waren, dass auch der Kalte Krieg deren postfaschistische Karrieren nicht rechtfertigen können, wie es große Teile der westdeutschen Geschichtsschreibung tun.

05 April 2012

Grass, Israelkritik und Antisemitismus

Da "bricht" Grass sein Schweigen. Theatralisch, sonst wäre es überhört, denn Kritik an israelischen Kriegsdrohungen gibt es immerhin schon. Mit welchen Argumenten und ob erst mit 84, würde ich ihm bestreiten, aber der Streit über seine Intention bleibt Spekulation, wenn auch stets interessant im Land der Hitler und Henker, das typischerweise die ersten Konzentrationslager der Opposition vorbehielt - darunter auch einigen Dichtern und Denkern.
Zu denen gehörte Grass damals noch nicht, sondern überlebte jung die Heimat im Untergang, fand wohl erst im Frieden die Ursache zur Wirkung einschließlich Holocaust, der im gewesenen Alltag begann.
Wen solch Krieg und Massenversagen der Erwachsenenwelt nicht wenigstens ein Stück weit traumatisiert, ist suspekter als ein Grass in seiner Holperigkeit. Kurzum: Wenn Deutsche sich schwer tun mit Kritik an Israel, dann ist mir das lieber als wäre es umgekehrt.

Markus Rabanus Facebook

25 Oktober 2010

Aufarbeitung: Auswärtiges Amt und Holocaust

Berlin (Deutschland), 24.10.2010 wikinews – „Das Auswärtige Amt war eine verbrecherische Organisation.“ Mit diesen Wort resümiert der Marburger Historiker Eckart Conze die Rolle des Auswärtigen Amtes in der Zeit des deutschen Faschismus gegenüber dem Spiegel. Conze leitete eine Kommission zur Untersuchung der Geschichte des Auswärtigen Amtes im Dritten Reich und in der Bundesrepublik Deutschland. Die Kommission bestand außer Conze selbst aus Norbert Frei, Peter Hayes (US-Historiker) und Moshe Zimmermann (israelischer Historiker) [2] und war 2005 vom damaligen Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) nach einer Diskussion über die Nachrufpraxis im Außenministerium eingesetzt worden. Fischer hatte damals Nachrufe auf Diplomaten aus der Zeit des Nationalsozialismus abgeschafft. Diese hätten jetzt – durch die Veröffentlichung der Studie – „den Nachruf bekommen, den sie verdient haben“, so Fischer.
Fischer zeigte sich nach der Lektüre „erschüttert“ (FAZ), wie stark das Auswärtige Amt in der Zeit zwischen 1933 und 1945 in den Holocaust verstrickt war. Die Studie kommt unter dem Titel „Das Amt und die Vergangenheit - Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik“ am 25. Oktober 2010 in den Handel (Blessing-Verlag).
Das fast fast 900 Seiten dicke Buch weist akribisch nach, dass „Angehörige des Auswärtigen Dienstes (…) an der Deportation von Juden unmittelbar beteiligt“ waren. Dazu ein kleines Detail. In einer Reisekostenabrechnung eines Diplomaten heißt es zur Begründung seiner Dienstreise wörtlich: „Liquidation von Juden“.
Im Klappentext der Buchveröffentlichung wird die Rolle des Amtes so beschrieben: Das Auswärtige Amt „schirmte die ‚Judenpolitik‘ des Dritten Reichs nicht nur nach außen ab, sondern war in allen Phasen aktiv an ihr beteiligt. Überall in Europa fungierten deutsche Diplomaten als Wegbereiter der ‚Endlösung‘, sie wirkten mit an der ‚Erfassung‘ der Juden und an ihrer Deportation. Opposition aus dem Auswärtigen Dienst heraus blieb individuell und die Ausnahme.“
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland fand keine Aufarbeitung dieser Verstrickung des Auswärtigen Amtes in die Holocaust-Maschinerie der Hitler-Diktatur statt. Viele der am Holocaust beteiligten Diplomaten machten auch unter der neuen politischen Führung Karriere. Conze spricht von einer „hohen personellen Kontinuität mit teils schwer belasteten Diplomaten“.
Der amtierende Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach im Zusammenhang mit der Studie von einem „wichtigen Beitrag zur Selbstvergewisserung des Amtes“. Das Buch solle in die Attaché-Ausbildung einbezogen und die „Traditionspflege“ des Hauses soll überarbeitet werden.
  • Diskussionen.de
  • 19 Dezember 2009

    Auschwitz: "Arbeit macht frei"-Schriftzug gestohlen

    Der nationalsozialistische Lügenspruch über dem Konzentrationslager-Tor wurde in der Nacht zum gestrigen Freitag gestohlen. Die installierten Videokameras haben den Diebstahl nicht aufgezeichnet. Technische Panne? Die politisch Verantwortlichen blieben bislang Erklärungen schuldig, befassen sich zumindest öffentlich noch nicht einmal mit dieser Frage. So ist es kein Wunder, dass solche Taten passieren. - Vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung beschlossen, dass für den Erhalt der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau 60 Mio.€ zur Verfügung gestellt werden. Es ist zu hoffen, dass sich solch Dilettantismus in der Bewachung der Gedenkstätte nicht wiederholt.
    -msr-
    Nachtrag v. 21.12.2009: Der entwendete Schriftzug wurde zwischenzeitlich sichergestellt, fünf mutmaßliche Täter verhaftet.

    22 Dezember 2004

    BGH: Holocaustverharmlosung

    Bundesgerichtshof hebt Freispruch vom Vorwurf
    der Volksverhetzung auf
    Nr. 153/2004

    Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat den Freispruch eines 67jährigen Maschinenbauingenieurs vom Vorwurf der Volksverhetzung durch das Landgericht Erfurt auf die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben.
    Dem Angeklagten lag zur Last, eine Schrift verbreitet zu haben, in der die Tötung von Juden in Auschwitz verharmlost worden sei. Bei dieser Schrift handelte es sich um den vom Angeklagten erstellten schriftlichen Rechenschaftsbericht, den er als Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen in Thüringen auf einer nicht öffentlichen Verbandssitzung am 9. November 2001, zu der nur Delegierte und geladene Pressevertreter Zutritt hatten, mündlich erstattete. Der Rechenschaftsbericht, der den deutlich sichtbaren Vermerk trug: "Sperrfrist: 09.11.2001, 9.30 Uhr. Es gilt das gesprochene Wort!", wurde für Pressevertreter in fünf Pressemappen bereitgehalten. Den Delegierten wurde der schriftliche Rechenschaftsbericht nicht ausgehändigt.
    Der Bericht enthielt unter anderem folgende Passage:
    "Noch verhindern die Wolken einer bewusst betriebenen einseitigen Kollektivschuldzuweisung gegenüber unserem Volke den klaren Blick zur Beurteilung der Verbrechen in der jüngeren europäischen Geschichte und über die Kriegsschuld an den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts. Dies wird sich bald verändern, da die Lügen über Katyn, über Jebawke (richtig Jedwabne), über die Opfer in Auschwitz und anderes nicht mehr länger zu halten sind."
    Vor den Delegierten trug der Angeklagte den Bericht davon abweichend wie folgt vor:
    "Noch verhindern die Wolken einer bewusst betriebenen einseitigen Kollektivschuldzuweisung gegenüber unserem Volke den klaren Blick zur Beurteilung der Verbrechen in der jüngeren europäischen Geschichte und über die Kriegsschuld in den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts. Dies wird sich bald verändern, da die Lügen über Katyn, Jedwabne und die Aussagen über die Opfer in Auschwitz und anderes nicht mehr länger zu halten sind. In Auschwitz gab es offensichtlich keine 6 Millionen Opfer, sondern, wie ich in Polen erfahren habe, sind 930.000 nachgewiesen. Dabei geht es nicht um die Relativierung des Verbrechens, sondern um die geschichtliche Wahrheit. Sie kennen meine Einstellung, dass jedes Opfer eines Verbrechens zu viel ist."
    Während des Vortrags, zu dem etwa 15 Journalisten erwartet worden waren, war lediglich ein Vertreter der Thüringer Allgemeinen Zeitung anwesend, der über die Rede später einen kritischen Zeitungsartikel verfaßte. Ein weiterer Journalist, der verspätet eingetroffen war und ebenfalls die Pressemappe erhalten hatte, sah im Hinblick auf den Sperrvermerk von einer Berichterstattung ab.
    Das Landgericht hat nach Meinung des Bundesgerichtshofs rechtlich vertretbar ein Vergehen der Volksverhetzung in der Tatmodalität eines "Verbrechens" durch Verteilung der Presseerklärung verneint. Ein "Verbreiten" setzt voraus, daß die Schrift ihrer Substanz nach und nicht nur ihr geistiger Inhalt einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird, der für den Täter nicht mehr kontrollierbar ist. Die Weitergabe an zwei Pressevertreter genügte dafür nicht.
    Zur Aufhebung des Urteils führte jedoch die unterlassene Überprüfung des Geschehens unter dem Gesichtspunkt anderer Tatbestandsalternativen des § 130 StGB. Nach den bisherigen Feststellungen könnten die mündlichen Äußerungen des Angeklagten ein bewußtes Infragestellen der Opferzahlen von Auschwitz darstellen und damit die Alternative "in einer Versammlung verharmlosen" im Rahmen von § 130 Abs. 3 StGB erfüllen. Die Strafkammer hat nach Ansicht des 2. Strafsenats auch zu Unrecht ein "Zugänglichmachen" (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) StGB verneint, weil es am Merkmal der Öffentlichkeit) fehle: denn die Pressevertreter waren ein Teil der Öffentlichkeit im Sinne dieser Regelung. Auch hat die Strafkammer es unterlassen, zu prüfen, ob im Hinblick auf die Bereitstellung der Pressemappen nicht die Tatmodalität "vorrätig halten" zum Zwecke der Verbreitung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d) StGB) vorliegt. Eine solche Prüfung hätte nach den bisherigen Feststellungen nahegelegen.
    Der 2. Strafsenat hat daher das Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Erfurt zurückverwiesen.

    Urteil vom 22. Dezember 2004 - 2 StR 365/04
    Karlsruhe, den 22. Dezember 2004

    25 Juli 2003

    Gefühle in Auschwitz + Haftung

    Hallo Thilo,

    mir ist in Anbetracht der Gräuel weniger wichtig, ob meine Empfindungen an Stätten des Holocaust überwiegend Schuldgefühl oder Scham, gesunder Brechreiz oder Trauer um die Opfer waren, denn das geht zusammen und die Tatsache des Verbrechens steht über aller Emotionalität und Rationalität, zu der ich fähig/unfähig/bereit oder unwillens wäre. Da kommt es mal nicht auf mich an.

    Und das SchuldGEFÜHL ist von solcher Art, als wenn ich für Deine Sicherheit zu sorgen hatte und konnte nicht hindern, dass man Dich überfährt. Das müsste nicht meine Schuld gewesen sein und das Schuldgefühl könnte trotzdem kommen. Vielleicht lernst Du Gefühle besser verstehen, wenn Du mal Kinder hast: Gefühle sind nicht aus Mathematik, aber wesentlicher Teil der Moral.

    Neonazis betuppen sich selbst, wenn sie einerseits ihre Identität in die Sportpalastveranstaltungen der NSDAP verlängern und auf "Leistungen stolz sein wollen", andererseits aber jede emotionale Haftung für die Verbrechen genau dieser NSDAP ablehnen.

    Wenn jemand die Nazis beerben will, dann auch die Schulden. - Stimmst Du darin überein?

    Weil Deutschland den Nazis überlassen war, war es dann leider auch für die Nichtnazis nur noch in Scherben zu erben: "Schaut her! Auf unser Deutschland! Alles Ruinen!"

    Grund zum Stolz? Für Idioten.

    "Hurra, mein Sportwagen überschlug sich. Der Beifahrer ist tot, die vom Gegenverkehr auch!"

    Wenn man nicht Beklopptes im Schilde führt, müsste man es verstehen.

    Und die Schuld?

    Nein, heutige Nazi-Kids versagten nicht "damals", aber heute.

    Und ich würde heute versagen, wenn ich wen für "damals" schwärmen ließe.

    Aufgemerkt: Das Ausmaß der moralischen Verkommenheit von Nazis lässt sich unter anderem daran erkennen, inwieweit ihnen der historische Schuldvorwurf mehr Bauchschmerzen bereitet als die Tatsache der NS-Verbrechen selbst. Und nicht nur dies, sondern noch übler, indem sie die Schuldgefühle in erneuten Hass umzukehren versuchen. Durch Relativierung bis hin zur Leugnung oder sogar Rechtfertigung als höchste Stufe ideologischen Wahns.

  • Diskussionen.de
  • 06 April 2000

    BGH zur Holocaust-Verharmlosung

    Bundesgerichtshof bestätigt Verurteilung eines Rechtsanwalts wegen Volksverhetzung

    Das Landgericht Mannheim hat den Angeklagten, der von Beruf Rechtsanwalt ist, wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Dieser hatte in einem anderen Strafverfahren den vormaligen NPD-Vorsitzenden Deckert verteidigt und dort einen Beweisantrag gestellt, mit dem er den früheren Bundespräsidenten, die Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts und den vormaligen Bundeskanzler als Zeugen dafür benannte, daß es "primär massive politische Interessen" seien, "welche dem Durchbruch der historischen Wahrheit im Zusammenhang mit dem Holocaust" entgegenstünden, "und zwar nicht einmal in erster Linie diejenigen der überlebenden Juden und deren Abkömmlinge oder gar des Staates Israel, sondern vor allem diejenigen" der "eigenen (deutschen) politischen Klasse, welche ihre einzigartige politische Unfähigkeit seit fast 50 Jahren mit der 'Einzigartigkeit der deutschen Schuld' " legitimiere und nicht in der Lage sei zuzugeben, daß sie sich "an der Nase herumführen und für dumm verkaufen" lasse.

    Darin hat das Landgericht eine Verharmlosung des Holocaust im Sinne des Tatbestandes der Volksverhetzung gesehen (§ 130 Abs. 3 StGB).

    Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten und die Revision der Staatsanwaltschaft, die eine höhere Strafe erstrebte, hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes als unbegründet verworfen. Der Senat hat allerdings hervorgehoben, daß in Fällen, in denen der Verteidiger einen seinerseits der Volksverhetzung angeklagten Mandanten vertritt, im Blick auf die Gewährleistung einer effektiven Strafverteidigung die Anwendung der vom Gesetzgeber vorgesehenen Tatbestandsausschlußklausel geboten ist (§ 86 Abs. 3 StGB). Diese gilt u.a. für Handlungen, die der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Wissenschaft, der Forschung und der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder "ähnlichen Zwecken" dienen. Strafverteidigung ist von ihrem Gewicht her ein solcher "ähnlicher Zweck" im Sinne dieser Klausel. Denn das Recht auf eine wirksame Verteidigung ist notwendiger Bestandteil eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Dieses Recht wäre ernsthaft gefährdet, wenn der Verteidiger wegen einer üblichen und prozessual zulässigen Verteidigungstätigkeit selbst strafrechtlich verfolgt würde. Da Strafverteidigung ihrer Natur nach auf den Schutz des Beschuldigten vor Anklage, Verhaftung und Verurteilung ausgerichtet ist, wirkt sie sich beispielsweise bei der Verteidigung von Mitgliedern terroristischer Vereinigungen mitunter notwendigerweise günstig auf den Fortbestand einer solchen terroristischen Vereinigung aus. Für eine derartige Fallgestaltung hat der Bundesgerichtshof bereits 1979 hervorgehoben, daß in einem solchen Konfliktfall zwischen prozessual zulässigem Verteidigerhandeln und der Erfüllung von Straftatbeständen (dort dem Verbot der Unterstützung terroristischer Vereinigungen) ein rechtswidriges Handeln des Verteidigers nicht angenommen werden könne, es sei denn, es gebe sich lediglich den Anschein zulässiger Verteidigung, verfolge in Wirklichkeit indessen ausschließlich verteidigungsfremde Zwecke (BGHSt 29, 99, 105).

    Auf den Schutz dieses Regelungsgefüges kann aber nur derjenige Verteidiger setzen, der mit seiner Prozeßerklärung und seinem Antrag zumindest auch Zwecke der Verteidigung verfolgt. Das hat das Landgericht hier jedoch auf der Grundlage einer Textanalyse unter Berücksichtigung der Begleitumstände verneint. Das Landgericht hat hier festgestellt, daß der Angeklagte bei Stellung des Beweisantrages allein verteidigungsfremde Zwecke verfolgt hat. Der Senat hat dies im Blick auf die Formulierung des Antrages nicht beanstandet.

    Urteil vom 6. April 2000 - 1 StR 502/99
    Karlsruhe, den 6. April 2000