Bundesgerichtshof hebt Freispruch vom Vorwurf
der Volksverhetzung auf Nr. 153/2004
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat den Freispruch eines 67jährigen Maschinenbauingenieurs vom Vorwurf der Volksverhetzung durch das Landgericht Erfurt auf die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben.
Dem Angeklagten lag zur Last, eine Schrift verbreitet zu haben, in der die Tötung von Juden in Auschwitz verharmlost worden sei. Bei dieser Schrift handelte es sich um den vom Angeklagten erstellten schriftlichen Rechenschaftsbericht, den er als Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen in Thüringen auf einer nicht öffentlichen Verbandssitzung am 9. November 2001, zu der nur Delegierte und geladene Pressevertreter Zutritt hatten, mündlich erstattete. Der Rechenschaftsbericht, der den deutlich sichtbaren Vermerk trug: "Sperrfrist: 09.11.2001, 9.30 Uhr. Es gilt das gesprochene Wort!", wurde für Pressevertreter in fünf Pressemappen bereitgehalten. Den Delegierten wurde der schriftliche Rechenschaftsbericht nicht ausgehändigt.
Der Bericht enthielt unter anderem folgende Passage:
"Noch verhindern die Wolken einer bewusst betriebenen einseitigen Kollektivschuldzuweisung gegenüber unserem Volke den klaren Blick zur Beurteilung der Verbrechen in der jüngeren europäischen Geschichte und über die Kriegsschuld an den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts. Dies wird sich bald verändern, da die Lügen über Katyn, über Jebawke (richtig Jedwabne), über die Opfer in Auschwitz und anderes nicht mehr länger zu halten sind."
Vor den Delegierten trug der Angeklagte den Bericht davon abweichend wie folgt vor:
"Noch verhindern die Wolken einer bewusst betriebenen einseitigen Kollektivschuldzuweisung gegenüber unserem Volke den klaren Blick zur Beurteilung der Verbrechen in der jüngeren europäischen Geschichte und über die Kriegsschuld in den Kriegen des vergangenen Jahrhunderts. Dies wird sich bald verändern, da die Lügen über Katyn, Jedwabne und die Aussagen über die Opfer in Auschwitz und anderes nicht mehr länger zu halten sind. In Auschwitz gab es offensichtlich keine 6 Millionen Opfer, sondern, wie ich in Polen erfahren habe, sind 930.000 nachgewiesen. Dabei geht es nicht um die Relativierung des Verbrechens, sondern um die geschichtliche Wahrheit. Sie kennen meine Einstellung, dass jedes Opfer eines Verbrechens zu viel ist."
Während des Vortrags, zu dem etwa 15 Journalisten erwartet worden waren, war lediglich ein Vertreter der Thüringer Allgemeinen Zeitung anwesend, der über die Rede später einen kritischen Zeitungsartikel verfaßte. Ein weiterer Journalist, der verspätet eingetroffen war und ebenfalls die Pressemappe erhalten hatte, sah im Hinblick auf den Sperrvermerk von einer Berichterstattung ab.
Das Landgericht hat nach Meinung des Bundesgerichtshofs rechtlich vertretbar ein Vergehen der Volksverhetzung in der Tatmodalität eines "Verbrechens" durch Verteilung der Presseerklärung verneint. Ein "Verbreiten" setzt voraus, daß die Schrift ihrer Substanz nach und nicht nur ihr geistiger Inhalt einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird, der für den Täter nicht mehr kontrollierbar ist. Die Weitergabe an zwei Pressevertreter genügte dafür nicht.
Zur Aufhebung des Urteils führte jedoch die unterlassene Überprüfung des Geschehens unter dem Gesichtspunkt anderer Tatbestandsalternativen des § 130 StGB. Nach den bisherigen Feststellungen könnten die mündlichen Äußerungen des Angeklagten ein bewußtes Infragestellen der Opferzahlen von Auschwitz darstellen und damit die Alternative "in einer Versammlung verharmlosen" im Rahmen von § 130 Abs. 3 StGB erfüllen. Die Strafkammer hat nach Ansicht des 2. Strafsenats auch zu Unrecht ein "Zugänglichmachen" (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) StGB verneint, weil es am Merkmal der Öffentlichkeit) fehle: denn die Pressevertreter waren ein Teil der Öffentlichkeit im Sinne dieser Regelung. Auch hat die Strafkammer es unterlassen, zu prüfen, ob im Hinblick auf die Bereitstellung der Pressemappen nicht die Tatmodalität "vorrätig halten" zum Zwecke der Verbreitung (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d) StGB) vorliegt. Eine solche Prüfung hätte nach den bisherigen Feststellungen nahegelegen.
Der 2. Strafsenat hat daher das Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Erfurt zurückverwiesen.
Urteil vom 22. Dezember 2004 - 2 StR 365/04
Karlsruhe, den 22. Dezember 2004
Notizen für die www.Initiative-Dialog.de
22 Dezember 2004
09 Dezember 2004
Stimmen-Eklat im Sächsischen Landtag
Dresden (Deutschland), 09.12.2004 – Im Sächsischen Landtag ist es erneut zu einem Eklat gekommen. Bei der Wahl zum Ausländerbeauftragten am 9. Dezember 2004 trat auch ein Vertreter der NPD an, die mit zwölf Mandaten im Parlament vertreten sind. Erneut hatte er zwei Stimmen mehr bekommen. Bereits bei der Wahl zum Ministerpräsidenten am 10. November 2004 hatte der NPD-Kandidat Holger Apfel mehr Stimmen bekommen, als Fraktionsmitglieder vorhanden. Gewählt wurde schließlich Friederike de Haas von der CDU, die mit 70 Stimmen die nötige absolute Mehrheit erhielt.
Die sächsische Regierung besteht aus einer Koalition zwischen SPD und CDU. Zum Ministerpräsidenten wurde Georg Milbradt von der CDU gewählt, allerdings erst im zweiten Wahlgang, was von den Beobachtern als Schlappe gewertet wird. Insgesamt fünf Abgeordnete – die Regierungskoalition hätte rechnerisch 75 Stimmen bekommen müssen – hatten ihn nicht gewählt. Für Aufsehen sorgte die Tatsache, dass die NPD bei der Landtagswahl 2004 mit 9,2 Prozent deutlich in den Sächsischen Landtag gewählt wurde. +wikinews+
KOMMENTAR
So zeigt sich, wie "fließend" die Ausländerfeindlichkeit die Grenzen zwischen "Rechten" und "Rechtsextremisten" macht.
Die sächsische Regierung besteht aus einer Koalition zwischen SPD und CDU. Zum Ministerpräsidenten wurde Georg Milbradt von der CDU gewählt, allerdings erst im zweiten Wahlgang, was von den Beobachtern als Schlappe gewertet wird. Insgesamt fünf Abgeordnete – die Regierungskoalition hätte rechnerisch 75 Stimmen bekommen müssen – hatten ihn nicht gewählt. Für Aufsehen sorgte die Tatsache, dass die NPD bei der Landtagswahl 2004 mit 9,2 Prozent deutlich in den Sächsischen Landtag gewählt wurde. +wikinews+
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So zeigt sich, wie "fließend" die Ausländerfeindlichkeit die Grenzen zwischen "Rechten" und "Rechtsextremisten" macht.
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