Notizen für die www.Initiative-Dialog.de

25 Juli 2003

Gefühle in Auschwitz + Haftung

Hallo Thilo,

mir ist in Anbetracht der Gräuel weniger wichtig, ob meine Empfindungen an Stätten des Holocaust überwiegend Schuldgefühl oder Scham, gesunder Brechreiz oder Trauer um die Opfer waren, denn das geht zusammen und die Tatsache des Verbrechens steht über aller Emotionalität und Rationalität, zu der ich fähig/unfähig/bereit oder unwillens wäre. Da kommt es mal nicht auf mich an.

Und das SchuldGEFÜHL ist von solcher Art, als wenn ich für Deine Sicherheit zu sorgen hatte und konnte nicht hindern, dass man Dich überfährt. Das müsste nicht meine Schuld gewesen sein und das Schuldgefühl könnte trotzdem kommen. Vielleicht lernst Du Gefühle besser verstehen, wenn Du mal Kinder hast: Gefühle sind nicht aus Mathematik, aber wesentlicher Teil der Moral.

Neonazis betuppen sich selbst, wenn sie einerseits ihre Identität in die Sportpalastveranstaltungen der NSDAP verlängern und auf "Leistungen stolz sein wollen", andererseits aber jede emotionale Haftung für die Verbrechen genau dieser NSDAP ablehnen.

Wenn jemand die Nazis beerben will, dann auch die Schulden. - Stimmst Du darin überein?

Weil Deutschland den Nazis überlassen war, war es dann leider auch für die Nichtnazis nur noch in Scherben zu erben: "Schaut her! Auf unser Deutschland! Alles Ruinen!"

Grund zum Stolz? Für Idioten.

"Hurra, mein Sportwagen überschlug sich. Der Beifahrer ist tot, die vom Gegenverkehr auch!"

Wenn man nicht Beklopptes im Schilde führt, müsste man es verstehen.

Und die Schuld?

Nein, heutige Nazi-Kids versagten nicht "damals", aber heute.

Und ich würde heute versagen, wenn ich wen für "damals" schwärmen ließe.

Aufgemerkt: Das Ausmaß der moralischen Verkommenheit von Nazis lässt sich unter anderem daran erkennen, inwieweit ihnen der historische Schuldvorwurf mehr Bauchschmerzen bereitet als die Tatsache der NS-Verbrechen selbst. Und nicht nur dies, sondern noch übler, indem sie die Schuldgefühle in erneuten Hass umzukehren versuchen. Durch Relativierung bis hin zur Leugnung oder sogar Rechtfertigung als höchste Stufe ideologischen Wahns.

  • Diskussionen.de
  • 29 Mai 2003

    Gedenken: Mordanschlag von Solingen

    Vor zehn Jahren: Am 29. Mai 1993 verübten Rechtsextremisten auf ein von türkischen Familien bewohntes Haus in Solingen einen Brandanschlag, durch den fünf Frauen getötet wurden.

    weitere Information >> http://de.wikipedia.org/wiki/Mordanschlag_von_Solingen

    10 Februar 2003

    BGH zur "Rassenvermischung"

    Urteil des Landgerichts Rostock gegen Manfred Roeder rechtskräftig

    Das Landgericht Rostock hatte im Jahre 2001 den Angeklagten Manfred Roeder wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Verunglimpfung des Staates und Beleidigung unter Einbeziehung mehrerer anderweitig verhängter Freiheitsstrafen zu zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hatte der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit Beschluß vom 5. Februar 2002 (3 StR 446/01) dieses Urteil aufgehoben, weil die Annahme des Tatbestands der Verunglimpfung des Staates verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gewährleistung der Meinungsfreiheit nicht gerecht geworden war. Obgleich die Verurteilung wegen Volksverhetzung und Beleidigung für sich genommen rechtsfehlerfrei war, mußte die Sache aus prozessualen Gründen insgesamt zurückverwiesen werden (vgl. Pressemitteilung des BGH vom 15. März 2002 - Nr. 28/2002).

    Das Landgericht Rostock hat das Verfahren wegen Verunglimpfung des Staates (§ 90 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) eingestellt, weil dieser Vorwurf in Anbetracht der verbleibenden Delikte nicht ins Gewicht fällt. Wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Beleidigung hat es mit Urteil vom 2. Juli 2002 den Angeklagten erneut verurteilt und gegen ihn eine Freiheitsstrafe von nunmehr einem Jahr und neun Monaten verhängt (wiederum unter Einbeziehung der anderweitig verhängten Strafen). Dem Vorwurf der Volksverhetzung liegt zugrunde, daß der Angeklagte auf dem Bundesparteitag der NPD am 11. Januar 1998 in einer Rede die Zuwanderung von "Rußlandjuden" beklagte und ausführte: "Jeder, der gezielte Rassenvermischung betreibt, ist ein gottloser Lump, ein Teufel." Die Bezeichnung des damaligen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden, Ignatz Bubis, als "Großmaul" und als "Gauleiter Bubis" hat das Landgericht als Beleidigung gewertet.

    Der Angeklagte hat auch gegen dieses Urteil Revision eingelegt. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat dieses Rechtsmittel mit Beschluß vom 30. Januar 2003 als offensichtlich unbegründet verworfen. Damit ist das Urteil des Landgerichts Rostock vom 2. Juli 2002 rechtskräftig.

    Beschluß vom 30. Januar 2003 - 3 StR 428/02
    Karlsruhe, den 10. Februar 2003
    Pressestelle des Bundesgerichtshofs