Notizen für die www.Initiative-Dialog.de

19 Dezember 2009

Auschwitz: "Arbeit macht frei"-Schriftzug gestohlen

Der nationalsozialistische Lügenspruch über dem Konzentrationslager-Tor wurde in der Nacht zum gestrigen Freitag gestohlen. Die installierten Videokameras haben den Diebstahl nicht aufgezeichnet. Technische Panne? Die politisch Verantwortlichen blieben bislang Erklärungen schuldig, befassen sich zumindest öffentlich noch nicht einmal mit dieser Frage. So ist es kein Wunder, dass solche Taten passieren. - Vor wenigen Tagen hat die Bundesregierung beschlossen, dass für den Erhalt der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau 60 Mio.€ zur Verfügung gestellt werden. Es ist zu hoffen, dass sich solch Dilettantismus in der Bewachung der Gedenkstätte nicht wiederholt.
-msr-
Nachtrag v. 21.12.2009: Der entwendete Schriftzug wurde zwischenzeitlich sichergestellt, fünf mutmaßliche Täter verhaftet.

17 November 2009

BVerfG bestätigt §130 Abs.4 StGB

Der Beschwerdeführer meldete im Voraus bis in das Jahr 2010 jährlich wiederkehrend, darunter auch für den 20. August 2005, eine Veranstaltung unter freiem Himmel in der Stadt Wunsiedel mit dem Thema „Gedenken an Rudolf Heß“ an. Die geplante Versammlung wurde - gestützt auf § 15 Abs. 1 VersG in Verbindung mit § 130 Abs. 4 StGB - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verboten. Die Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz und die daraufhin erhobene Klage blieben durch alle Instanzen erfolglos.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wandte sich der am 29. Oktober 2009 verstorbene Beschwerdeführer sowohl gegen § 130 Abs. 4 StGB selbst als auch gegen dessen Auslegung durch das Bundesverwaltungsgericht im konkreten Fall und rügte - unter anderem - eine Verletzung seiner Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit sowie einen Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts wies die Verfassungsbeschwerde - unter anderem - im Hinblick auf Art. 8 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG und Art. 103 Abs. 2 GG als unbegründet zurück.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Über die Verfassungsbeschwerde kann aufgrund der objektiven Funktion der Verfassungsbeschwerde, das Verfassungsrecht zu wahren, auszulegen und fortzubilden, trotz des Todes des Beschwerdeführers entschieden werden.
Die erstrebte Entscheidung soll über die höchstpersönliche Betroffenheit des Beschwerdeführers hinaus Klarheit über die Rechtslage für Meinungsäußerungen bei einer Vielzahl zukünftiger Versammlungen und öffentlicher Auftritte schaffen und ist von allgemeiner verfassungsrechtlicher Bedeutung. Überdies war die Sache im Zeitpunkt des Todes des Beschwerdeführers entscheidungsreif, der Senat hatte sie beraten und das Verfahren stand unmittelbar vor seinem Abschluss. § 130 Abs. 4 StGB greift in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit ein, weil die Norm an die Meinungsäußerungen der Billigung, Verherrlichung und
Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt und Willkürherrschaft anknüpft und diese unter weiteren Voraussetzungen unter Strafe stellt.

Grundsätzlich sind Eingriffe in die Meinungsfreiheit nur zulässig auf der Basis eines allgemeinen Gesetzes gemäß Art. 5 Abs. 2 Alternative 1 GG. Ein meinungsbeschränkendes Gesetz ist unzulässiges Sonderrecht, wenn es nicht hinreichend offen gefasst ist und sich von vornherein nur gegen bestimmte Überzeugungen, Haltungen oder Ideologien richtet. Dies gilt auch für Bestimmungen zum Schutz der Jugend und der persönlichen Ehre nach Art. 5 Abs. 2 Alternativen 2 und 3 GG. Die Allgemeinheit des Gesetzes verbürgt damit entsprechend dem Verbot der Benachteiligung wegen politischer Anschauungen nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Alternative 9 GG für Eingriffe in die Meinungsfreiheit ein spezifisches und striktes Diskriminierungsverbot gegenüber bestimmten Meinungen.

Das Grundgesetz vertraut auf die Kraft der freien Auseinandersetzung als wirksamste Waffe auch gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien. Dementsprechend fällt selbst die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts als radikale Infragestellung der geltenden Ordnung nicht von vornherein aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit heraus. Den damit verbundenen Gefahren entgegenzutreten, weist die freiheitliche Ordnung des Grundgesetzes primär bürgerschaftlichem Engagement im freien politischen Diskurs zu.

Zwar ist die Vorschrift des § 130 Abs. 4 StGB kein allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Alternative 1 GG, weil sie nicht dem Schutz von Gewalt- und Willküropfern allgemein dient und bewusst nicht auf die Billigung, Verherrlichung und Rechtfertigung der Gewalt und Willkürherrschaft totalitärer Regime insgesamt abstellt, sondern auf positive Äußerungen allein in Bezug auf den Nationalsozialismus begrenzt ist.

§ 130 Abs. 4 StGB ist aber auch als nichtallgemeines Gesetz ausnahmsweise mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG vereinbar. Angesichts des Unrechts und Schreckens, die die nationalsozialistische Herrschaft verursacht hat, ist Art. 5 Abs. 1 und 2 GG für Bestimmungen, die der propagandistischen Gutheißung der historischen nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft Grenzen setzen, eine Ausnahme vom Verbot des Sonderrechts immanent. Das Grundgesetz kann weithin geradezu als Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes gedeutet werden. Die Erfahrungen aus der Zerstörung aller zivilisatorischen Errungenschaften durch die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft prägen die gesamte Nachkriegsordnung und die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in die Völkergemeinschaft bis heute nachhaltig.

Diese Ausnahme nimmt die Meinungsfreiheit indes nicht auch inhaltlich zurück. Die Meinungsfreiheit gewährleistet, dass sich Gesetze nicht gegen rein geistige Wirkungen von Meinungsäußerungen richten. Das Ziel, Äußerungen wegen ihrer Unvereinbarkeit mit sozialen oder ethischen Auffassungen zu behindern, hebt das Prinzip der Meinungsfreiheit selbst auf und ist illegitim. Das Grundgesetz rechtfertigt deshalb auch kein allgemeines Verbot der Verbreitung rechtsradikalen oder nationalsozialistischen Gedankenguts schon in Bezug auf die geistige Wirkung seines Inhalts.

§ 130 Abs. 4 StGB genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die Vorschrift verfolgt mit dem Schutz des öffentlichen Friedens einen legitimen Zweck. Der Schutz des öffentlichen Friedens ist hierbei in einem begrenzten Sinn als Schutz der Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung zu verstehen, nicht aber als Schutz vor einer „Vergiftung des geistigen Klimas“ oder einer Kränkung des Rechtsbewusstseins der Bevölkerung durch totalitäre Ideologien oder eine offenkundig falsche Interpretation der Geschichte.
Der öffentliche Friede zielt auf einen vorgelagerten Rechtsgüterschutz, der an sich abzeichnende Gefahren anknüpft. Dabei ist es eine verfassungsrechtlich tragfähige Einschätzung des Gesetzgebers, dass ein Gutheißen der Gewalt und Willkürherrschaft dieser Zeit der Bevölkerung heute regelmäßig als Aggression und als Angriff gegenüber denjenigen erscheint, die sich in ihrem Wert und ihren Rechten erneut in Frage gestellt sehen, und angesichts der geschichtlichen Realität mehr bewirkt als eine bloße Konfrontation mit einer demokratie und freiheitsfeindlichen Ideologie. § 130 Abs. 4 StGB ist in seiner Ausgestaltung auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Weder verbietet er generell eine zustimmende Bewertung von Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes, noch ein positive Anknüpfung an Tage, Orte oder Formen, denen ein an diese Zeit erinnernder Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt. Seine Verwirklichung setzt vielmehr die Gutheißung des Nationalsozialismus als historisch real gewordene Gewalt- und Willkürherrschaft voraus. Diese kann auch in der glorifizierenden Ehrung einer historischen Person liegen, wenn sich aus den konkreten Umständen ergibt, dass diese als Symbolfigur für die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft als solche steht.

Daneben steht § 130 Abs. 4 StGB auch mit Art. 103 Abs. 2 GG in Einklang.

Zwar kann die Vereinbarkeit der „Störung des öffentlichen Friedens“ als strafbegründendes Tatbestandsmerkmal in Straftatbeständen mit Art. 103 Abs. 2 GG Zweifeln ausgesetzt sein, da dieser Begriff vielfältig offen und anfällig für ein Verständnis ist, das der grundlegenden Bedeutung der Freiheitsrechte in der grundgesetzlichen Ordnung nicht hinreichend Rechnung trägt. Allerdings bestehen gegen das Tatbestandsmerkmal der „Störung des öffentlichen Friedens“ in einer Strafnorm nach dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 GG dann keine Bedenken, wenn dieses durch andere Tatbestandsmerkmale konkretisiert wird, die bereits für sich allein die Strafdrohung zu tragen imstande sind. Es wirkt dann als ein Korrektiv, das es erlaubt, grundrechtlichen Wertungen im Einzelfall Geltung zu verschaffen. Insofern durfte der Gesetzgeber die öffentlich oder in einer Versammlung zum Ausdruck gebrachte Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der historischen nationalsozialistischen Gewalt und Willkürherrschaft schon für sich jedenfalls grundsätzlich als strafwürdig und hinreichend bestimmt ansehen.

Die Bestätigung des Verbots einer Versammlung zum „Gedenken an Rudolf Heß“ durch die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hält sich im fachgerichtlichen Wertungsrahmen. Insbesondere unterliegt die Beurteilung des konkreten Falls, nach der die vom Beschwerdeführer geplante Versammlung zum „Gedenken an Rudolf Heß“ eine Billigung der nationalsozialistischen Gewalt und Willkürherrschaft bedeutet hätte, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Pressemitteilung Nr. 129/2009 vom 17. November 2009
Beschluss vom 4. November 2009 – 1 BvR 2150/08 –

Kommentar: Diese BVerfGE bestätigt endlich und deutlich das Antifaschismus-Gebot des Grundgesetzes.
>> www.inidia.de/antifaschistische_verfassungsordnung.htm

>> Diskussion

24 September 2009

BVerfG bestätigt Verbot von NPD-Wahlwerbung

Im Landkreises Uecker-Randow hatte der dortige Kreisverband der NPD Wahlplakate mit der Aufschrift „Polen-Invasion stoppen!“ aufgehängt. Die Wahlplakate waren mit einer graphischen Darstellung von drei Krähen im Zusammenhang mit einem Bündel Euro-Geldscheine, nach dem eine der Krähen mit dem Schnabel pickt, versehen. Das Landratsamt untersagte dem Kreisverband diese Plakatierung; dagegen legte der Kreisverband der NPD Widerspruch ein. Der beim Verwaltungsgericht im Eilverfahren gestellte Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs war erfolgreich. Die Entscheidung wurde aber durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht begründete die auf § 13 SOG-MV gestützte Untersagungsverfügung u.a. mit einem Verstoß gegen § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Gegen diesen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern haben der Kreisverband Uecker-Randow und deren Vorsitzender Verfassungsbeschwerde erhoben.

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, die diese Entscheidung noch vor der Bundestagswahl am 27. September 2009 im Eilverfahren zu treffen hatte, hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Nach Auffassung der Kammer hat das Oberverwaltungsgericht, das in der Verwendung der Wahlplakate einen Angriff auf die Menschenwürde der in Deutschland lebenden Bevölkerungsgruppe der Polen sieht, in seiner Entscheidung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, die für die Einschränkung des Rechts auf Meinungsäußerung entwickelt wurden, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt. Die Beschwerdeführer sind daher in ihren Grundrechten auf freie Meinungsäußerung im Bundestagswahlkampf (Art. 21 GG iVm Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht verletzt.

Pressemitteilung Nr. 107/2009 vom 24. September 2009
Beschluss vom 24. September 2009 – 2 BvR 2179/09 –
  • Diskussionen.de
  • 17 September 2009

    Wenn Verfassungsschützer gegen das NPD-Verbot sind ...

    www.Sueddeutsche.de (12.9.2009) berichtete, dass Hamburgs Verfassungsschutzchef Heino Vahldieck von einem neuerlichen NPD-Verbotsverfahren abgeraten hat: "Derzeit bin ich der Auffassung, dass die rechtlichen Hürden so hoch sind, dass es große Probleme bereiten wird, sie zu überspringen."

    Die "rechtliche Hürde" war, dass führende Rechtsextremisten auf den Gehaltslisten von Verfassungsschutzämtern standen, was es der Justiz unmöglich machte, Beschuldigungen zuzuordnen.

    Die Methoden der Verfassungsschutzämter waren die "Hürden".
    >> www.inidia.de/npd-verbot_gescheitert_20030318.htm

    Das ist inzwischen mehr als sechs Jahre her - und die Verfassungsschutzämter sollen noch immer nicht geschafft haben, ihre Methoden zu ändern?
    Das lässt nur einen Schluss zu: Sie wollen ihre Methoden nicht ändern. Und die Methoden haben mit Verfassungsschutz nichts zu tun.

    Markus Rabanus >> Diskussion

    03 September 2009

    Dt. Bundeswehrverband wirft NPD-Chef raus

    Der 24-köpfige Bundesvorstand des Deutschen Bundeswehrverbandes schloss einstimmig den NPD-Vorsitzenden Udo Voigt wegen verbandsschädigenden Verhaltens aus, nachdem dieser im Fall Patrick Owomoyela wegen Volksverhetzung zu sieben Monaten Haft "auf Bewährung" verurteilt wurde.

    Voigt verbleibt noch die Möglichkeit zum Widerspruch, aber es dürfte nicht damit zu rechnen sein, dass der Führer einer Partei, die Deutschland antisemitisch als "Judenrepublik" den Kampf ansagt, in einer Organisation seinen Platz haben kann, deren statuarischer Zweck die Interessenvertretung der personellen Landesverteidigungskräfte hat.

    Markus Rabanus >> Diskussion

    14 August 2009

    NPD attackiert CDU rassistisch

    In Thüringen probiert sich die NPD mit einem offen rassistischen Wahlkampf gegen einen farbigen CDU-Politiker, den sie in ihrem Wahlaufruf als "Ouotenneger" bezeichnet, der trotz deutscher Staatsbürgerschaft kein Deutscher sei.
    Das TV-Foto (Quelle: ARD-Nachtmagazin) zeigt den NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt bei seiner Lautsprecher-Rede auf dem ansonsten leeren Marktplatz von Hildburghausen. Hinter ihm der Wahlkampfbus mit der Aufforderung an den CDU-Politiker "Gute Heimreise Zeca!"
    Ein anschließender Marsch der NPD zum Wohnhaus des CDU-Politikers wurde von der Polizei gestoppt.

    Die CDU erstattete Strafanzeige gegen die NPD wegen Volksverhetzung. Wir haben die örtliche CDU angefragt, ob konsequent auch Udo Voigt angezeigt wurde.

    Nun darf man gespannt sein, wie lange die Justiz zum Urteil braucht. Der freiheitliche Staat steht in der Pflicht gegenüber dem rassistisch angegriffenen Mitbürger, aber auch in der Verantwortung, sich nicht von Extremisten lächerlich machen zu lassen. Anwendung des StGB und Schluss mit Lustig.

    Markus Rabanus >> Diskussion

    25 Juni 2009

    BVerfG bestätigt NS-Propaganda-Strafbarkeit

    Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Vor einer Parteiversammlung der NPD baute er am Veranstaltungsort Verstärkeranlagen auf. Dabei trug er ein T-Shirt, welches vorne wie folgt bedruckt war:

    „Sohn Frankens,
    die Jugend stolz/
    die Fahnen hoch“.

    Die erste Zeile war im Schrifttyp Arial, die beiden anderen Zeilen in Frakturschrift gedruckt. Wegen dieses Sachverhalts verhängte das Amtsgericht Forchheim wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eine Geldstrafe. Das Gericht begründete die Verurteilung nach § 86a StGB mit der Ähnlichkeit des Schriftzugs zum Horst-Wessel-Lied, das ein gängiges nationalsozialistisches Kennzeichen darstelle. Die gegen diese Entscheidung eingelegten Rechtsmittel waren erfolglos.

    Die 2. Kammer des Zweiten Senats nahm die auf eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes gestützte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Art. 103 Abs. 2 GG verpflichtet zwar den Gesetzgeber, die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. Gegen diesen Grundsatz haben die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 86a StGB jedoch nicht verstoßen.

    Die Wortkombination „die Fahnen hoch“ - bis auf die Verwendung des Plurals - entspricht dem Titel und dem Textbeginn des Horst-Wessel-Liedes. Die Feststellung der Gerichte im Ausgangsverfahren, dass es sich dabei um ein Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation handelt, ist verfassungsrechtlich
    unbedenklich. Durch die Verwendung des Plurals besteht eine entsprechende Ähnlichkeit mit Titel und Text des Horst-Wessel-Liedes.
    Diese Auslegung übersteigt nicht den am Schutzzweck der Norm orientierten Wortsinn von § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB, der in der Abwehr der symbolhaft durch die Verwendung eines Kennzeichens ausgedrückten Wiederbelebung bestimmter Organisationen sowie der symbolhaft gekennzeichneten Wiederbelebung der von solchen Organisationen verfolgten Bestrebungen liegt. Es soll bereits jeder Anschein vermieden werden, in der Bundesrepublik Deutschland gebe es eine rechtsstaatswidrige politische Entwicklung in dem Sinne, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen in der durch das Kennzeichen symbolisierten Richtung geduldet würden.

    Der Umstand, dass lediglich der Titel und der Anfangstext des Horst-Wessel-Liedes abgedruckt wurden, steht aus verfassungsrechtlicher Sicht im konkreten Fall einer Verurteilung nicht entgegen. Die Norm des § 86a StGB bezweckt die Vermeidung der Wiederbelebung nationalsozialistischer Tendenzen infolge des Gebrauchs entsprechend assoziierungsgeeigneter Symbole. Diese Gefahr besteht aber auch dann, wenn der Titel sowie derart markante Textteile der parteiamtlichen Hymne der ationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) wiedergegeben werden. Titel und Textteil haben Wiedererkennungs- und Identifikationsfunktion. Ein um die Existenz und die Hintergründe des Horst-Wessel-Liedes wissender Beobachter wird auch die kurze Textpassage in einen Gesamtkontext einordnen können, so dass - nach einer Gesamtbetrachtung - die Gefahr der Wiederbelebung nationalsozialistischer Bestrebungen besteht.

    Pressemitteilung Nr. 70/2009 vom 25. Juni 2009
    Beschluss vom 18. Mai 2009 – 2 BvR 2202/08 –

    26 Mai 2009

    Das Versteckspiel

    Für LehrerInnen, JugendgruppenleiterInnen oder SozialarbeiterInnen gibt es eine empfehlenswerte Broschüre und Website zum Umgang mit neofaschistischen Jugendkulturen und deren Lifestyle. Anstelle einer einfachen Abbildung der Symbole, wie sie in Lexika üblich ist, finden sich Fotos rechter Demonstranten oder CD-Cover. Auf jugendkulturelle Codes, also Begriffe und Abkürzungen wie ›White Power‹ oder ›14 Words‹ wird ebenso ausführlich eingegangen wie auf Zahlenkombinationen, mit denen strafrechtlich relevante Begriffe, Grußformeln oder Organisationszeichen verschlüsselt werden. Dadurch ist eine hohe Praxistauglichkeit der Broschüre gewährleistet. ... mehr >> Versteckspiel.de

    19 Mai 2009

    GdP: Rechte rüsten zur Randale

    GdP zu Verfassungsschutzbericht 2008:

    Berlin. Als Besorgnis erregend hat der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, die zunehmende Gewalttätigkeit der rechtsextremistischen Szene bezeichnet. Freiberg: „Der Anstieg der Gewalttaten mit rechtsextremen Hintergrund um 6, 3 Prozent, wie sie der Verfassungsschutz für das Jahr 2008 registriert hat, deckt sich mit den Erfahrungen der Polizei, die zunehmend auch zur Zielscheibe rechter Gewalt wird. Das erstmalige Auftauchen so genannter „Autonomer Nationalisten“ am 1. Mai vergangen Jahres in Hamburg signalisiere, so der GdP-Vorsitzende, dass die rechte Szene nach dem Vorbild der Linksautonomen ihre Truppen für den Straßenkampf aufstelle und rüste. Freiberg: „Bereits die Ereignisse am 1. Mai dieses Jahres haben gezeigt, dass die Polizei dringend eine personelle Verstärkung für länderübergreifende Großeinsätze benötigt. Die Entwicklung zeigt, dass wir künftig mit mehr gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen links- und rechtsextremen Gruppen, aber auch mit vermehrten Übergriffen dieser Gruppen auf friedliche Demonstranten wie auf Polizistinnen und Polizisten zu rechnen haben.“

    25 April 2009

    Rassistische NPD-Propaganda bleibt ungestraft

    „Die Welt zu Gast bei Freunden“ und gute Stimmung im Deutschland der Fußball-WM 2006. Nicht aber für Extremisten. So hetzte die NPD mit zwei "WM-Planern" gegen den einzigen Schwarzen in der Nationalmannschaft.
    Der Deutsche Fußballbund erwirkte zwar rasch eine einstweilige Verfügung gegen die Verbreitung dieses Flyers, aber das scherte die NPD nicht. Munter brachte man unter Missachtung des Richterspruchs eine 2. Auflage mit der Fragestellung heraus, ob im Jahr 2010 nur noch ein Weißer in der Nationalelf spielen dürfe.
    Und dann? Die Mühlen der Justiz mahlen mitunter bis in die Verjährung, siehe Rostock-Lichtenhagen. Und fast drei Jahre brauchten die Richter, ehe sie jetzt Ende April 2009 zur Überzeugung gelangten, dass es rassistische Volksverhetzung war.
    Und wie lautet das Strafurteil? Der NPD-Chef und zwei seiner Kumpane wurden "zu Bewährungsstrafen verurteilt", als wenn es Jugendsünder wären.
    Mit Samthandschuhen in Sachen Rassismus wird es keine "Bewährung" geben.

    -msr- >> Diskussion

    10 März 2009

    CDU, NPD und Verfassungsschutz

    Heribert Rech: "Wenn ich alle meine verdeckten Ermittler aus den NPD-Gremien abziehen würde, dann würde die NPD in sich zusammenfallen." - Badische Zeitung, 10. März 2009

    Heribert Rech (CDU) ist Innenminister des Landes Baden-Württemberg. Dass führende Rechtsextremisten auf den Gehaltslisten der Verfassungsschutzämter stehen, bewahrte im Jahr 2003 die NPD vor dem Verbot durch das Bundesverfassungsgericht. Die Äußerung des CDU-Politikers mag scherzhaft gemeint sein, aber sie steht für eine Politik, die vom Bundesverfassungsgericht zurecht gerügt wurde.

    Markus Rabanus >> Diskussion

    23 Februar 2009

    NPD Jürgen Rieger mit "Sturmgewehr 44"

    Gegen Hamburgs NPD-Vorsitzenden Rechtsanwalt Jürgen Rieger wird wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffengesetz ermittelt. Rieger ist seit den frühen Siebzigern eifriger Aktivist rechtsextremistischer Sekten, Wehrsportgruppen und Parteien, von denen einige verboten wurden, ihm gleichwohl zu einem kleinen Immobilienimperium verhalfen, zumindest zu dessen Interessenwalter. Seit 2006 ist Rieger NPD-Mitglied, kam sogleich in den Parteivorstand, seit 2008 ist er stellvertretender NPD-Vorsitzender und dürfte für die verschwundenen Parteigelder mitverantwortlich sein.
    -msr- >> Diskussion

    28 Januar 2009

    Pochers Stauffenberg-Parodie

    Der SWR-Rundfunkrat ist mit der Cruise-Stauffenberg-Parodie von Oliver Pocher verquer: Es sei nicht hinnehmbar, dass Pocher "den Helden des deutschen Widerstandes so ins Lächerliche zieht", zitieren die Stuttgarter Nachrichten ein Ratsmitglied. Pocher schade der ARD, könne zu den Privatsendern gehen, als seien dort Helden-Trivialisierer willkommener; dem "Format" der Schmidt-Pocher-Show drohe die Absetzung zum April, ob zum 1. oder 20., wurde nicht geäußert.
    Wahrnehmungen sind verschieden, abhängig von Biografien, Erwartungen, abhängig vom Intellekt. Und nicht anders, wer wie den Widerstand gegen das Hitler-Regime definiert, den Umgang damit. Die Rehabilitierung Stauffenbergs im Hinblick auf seine Verurteilung durch die Nazis ist richtig, denn der Umsturzversuch war legitim, jeder Heldenkult aber nicht, jedenfalls mir unmöglich, denn Stauffenbergs Werdegang bis zum überlieferten letzten Wort steht gegen meine Überzeugung vom Politischen, also auch der Rolle des Nationalen und Militärischen darin.
    Entsprechend zuwider ist es, wenn Stauffenberg "der Deutsche" sein soll, den es als Vorbild brauche, zackig und national in Uniform, mit klassischer Musik auf der einen Seite und dem Kanonendonner auf der anderen, bis sich die Frage stellt, wann "Game Over" ist. Späte Meuterei auf einem untergehenden Kriegsschiff, als gab es nicht immer auch Nazis, die glaubten, das Kriegsbeil hätte an dem oder dem Punkt des Feldzugs einfach begraben werden können; ein Trugschluss, denn wer es ausgräbt, dem begraben es andere. So sollte die Regel lauten - und es war keinerlei Veranlassung für die Ausnahme.
    "Leute wie Stauffenberg, die gab es auch" - daran soll Gedenken sein, aber mehr war Stauffenberg nicht, mehr wurde sein Attentat nicht - und Tausende riskierten mehr, blieben ohne Namen, ohne Rehabilitierung und ohne Entschädigung in unserer Geschichte. Nicht sie wurden durch Stauffenberg vertreten und auch nicht durch den Kult.
    Ermordete zu parodieren, Ermordete des NS-Regimes, das wäre das eigentlich Zweifelhafte, aber das war es dem Rundfunkrat nicht, sondern die Parodierung eines gesollten "Helden" gegen den Schlussspurt eines Verbrecherregimes - und einmal mehr nicht gegen die Anfänge.
    -markus rabanus- >> Diskussion

    Wenn Rechtsextremisten morden:

    "Denn sie wissen nicht, was sie tun"?

    Im Falle der Ermordung eines Obdachlosen durch Rechtsextremisten plädiert ein Verteidiger auf "Unzurechnungsfähigkeit".
    Wenn sein Mandant so übervoll des Alkohols gewesen wäre, müsste er also per schuldbefreiendem Hirnausfall das Opfer in die Büsche geschleppt und zu Tode getreten haben. Solch Vortrag hatte dem Mandanten schon in vorherigen Schwerstdelikten die Freiheit bewahrt. - Mal schauen, ob sich das Gericht erneut darauf einlässt.
    Die beiden Angeklagten schweigen. Das ist ihr gutes Recht, denn die Story wäre zu schlecht.
    -markus rabanus- >> Diskussion