Notizen für die www.Initiative-Dialog.de

12 Juli 2004

Wie viel Rückhalt hatte der Nationalsozialismus?

Gast 56 hat folgendes geschrieben: "ca. 95 % der Deutschen haben damals das Fähnchen geschwenkt, und standen hinter der Idee."

So taten die Nazis.

Gast 56 hat folgendes geschrieben: "Es ist reine Spekulation, wie Du Dich damals verhalten hättest...?"

So schrieb ich.

Gast 56 hat folgendes geschrieben: "Vielleicht wärst Du Obersturmbannführer geworden?"

Deshalb schrieb ich: "möglicherweise noch schlimmer: Verbrechen." Entweder Du liest nicht, was wir schreiben oder Du findest Gefallen daran, gegen Antifaschisten die Spekulation zur Wahrheit zu dichten, um sie in eine Reihe mit den Versagern zu stellen: "Vergewaltige, wenn Du ein Mann gewesen wärest, dann hättest Du vielleicht vergewaltigt."
Nur Schurken spekulieren sich die Welt so, dass sie nur noch aus Schurken bestehe.

Gast 56 hat folgendes geschrieben: "...alles nur Sache der Erziehung."

Wenn "alles nur Sache der Erziehung" wäre und der Mensch ohne eigenen Willen, ... - Das wünschen sich manche Eltern und Ideologen, aber so geschieht es nicht und wäre bereits Verbrechen.

Gast 56 hat folgendes geschrieben: "P.S.: wieso habe ich ausgerechnet den Namen "Gast 56" erhalten? Ist das etwa in Anbetracht auf Adolf's Alter, als er 1945 verstarb?"

Mit Spekulationen hast Du mehr Pech als andere, weil Du zu viel braune Träume im Hinterköpfchen hast. Den vorherigen Gast nannte ich "55".

Und Hitler "verstarb" nicht, sondern beging Suizid, nachdem er seinen Hund und seine Frau tötete.
Es macht einen Unterschied, auf welche Weise jemand zu Tode kommt, ansonsten würden wir uns hier manche Diskussion sparen.

Den Rest beantwortete Dir Noah. - Nun lasse Du mal erkennen, dass Du Dich korrigieren lässt, wenn die Dinge so klar auf der Hand liegen.

Grüße von Sven

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  • Zur "Vergessenskultur" des Neofaschismus

    Gast schrieb: "Warum sollen wir heute noch im jahre 2004 nach ueber 60 Jahren noch ueber laengst vergangene Ereignisse 60 jahre zurueckliegend und laenger, diskutieren?"

    Martin antwortet: Weil die Vergangenheit in der Gegenwart präsent ist.

    Traumatisierungen wirken generationenübergreifend. Das Zusammenleben von jüdischen und nichtjüdischen Deutschen ist verständlicherweise oftmals immer noch problematisch. Das ganze Diskursfeld ist kompliziert und oftmals abgründig, so dass unbedingter Dialogbedarf besteht.

    Es ist ein naiver Irrtum zu glauben, mit dem Tod der direkt Betroffenen sei der Fall erledigt. Das, was war, wirkt fort und zwar in nahezu allen Bereichen der politisch-gesellschaftlichen und der kulturellen Verfassung, in der wir leben. Ohne Kenntnis des NS sind die Entwicklung der Bundesrepublik, ihr Selbstverständnis und die Verfassung ihrer Gesellschaft nicht zu verstehen.

    Und Vieles ist immer noch nicht zum Besten bestellt und wirkt bis in die Gegenwart:
    Die Mechanismen gesellschaftlicher Erinnerung sind eine komplizierte Angelegenheit. Man kann z.B. mit Recht kritisieren, dass Erinnerung bei uns mehr oder weniger vollständig institutionalisiert und an bestimmte Funktionsträger delegiert ist. Untersucht man bestimmte Bereiche der Kultur, auch in ihrer Entwicklung seit 1945, dann stellt man fest, dass dem weit verbreiteten Überdruss an der angeblichen Omnipräsenz des NS in vielen Bereichen die Tendenz gegenübersteht, Täterschaft und Verantwortung umzuschreiben, abzustreiten, umzudeuten etc.
    Die Vergangenheit ist immer noch Gegenstand des Streits. Die Forschung ist noch längst nicht zu einem Schlusspunkt gekommen. Immer noch werden neue Zusammenhänge sichtbar. Z.B. ist die Forschung ist von den Institutionen immer weiter in der Mikrobereich der Entscheidungsträger und der unteren Täterschicht vorgedrungen. Interessant im hier diskutierten Zusammenhang ist zum Beispiel das Buch von Harald Welzer 'Opa war kein Nazi'. Darin werden die Formen der Erinnerung im Zusammenhang der Familie und im Übergang der Generationen untersucht und die Tendenz gezeigt, den Holocaust und die persönliche Verstrickung in Schuld in der familiaren Tradition vollständig auszublenden, zu verschweigen oder umzudeuten. Meist hat man es mit dem Befund 'mein Opa war in Ordnung' mit einer Form kollektiv verankerter Entschuldungsstrategie zu tun.

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  • 11 Juli 2004

    "mein Opa war in Ordnung"

    Wenn Nazis von Kollektivschuld faseln

    Mark_ hat folgendes geschrieben: "Geschichte ist Geschichte... jedes Volk hatte seine dunklen Zeiten."

    So redet, wer Verbrecher im "Volk" verstecken möchte. Du bezichtigst damit das Volk der Kollektivschuld.
    Und dann betrügst Du ein weiteres Mal, indem Du Dich als sein Anwalt aufspielst und "jedes Volk" beleidigst.

    Mark_ hat folgendes geschrieben: "Es ist schon so lange her, daß die meisten von uns das nicht erlebt haben."

    Über 50 Mio. haben es überhaupt nicht "überlebt". Ist das ein weiterer Grund zur Entlastung von Verantwortung? Du redest den Schmutz der Nazis und so lange es solche gibt, ist Grund dagegen zu reden.

    Opas Versagen

    Mark_ hat folgendes geschrieben: "... Meine Großeltern hatten mehr Probleme mit den Partisanen als mit der Wehrmacht. ... Die Partisanen ... wollten meinen Großvater zwingen mit ihnen zu kämpfen. Da er nicht wollte (als ein Bauer in einer entlegenen Region war ihm egal wer an der Macht war), ..."

    Dann wird er sich wohl auf Seiten der "Herrenmenschen" gesehen haben, ansonsten hätte es ihm nicht "egal" sein können. Auch diese Passiven haben versagt. Dein Opa war also ein Versager.

    Versagen der Enkel

    Man kann für Versager "Verständnis" haben, aber wenn man es nicht Versagen nennt, dann ist das Verständnis kein wahres Verständnis, sondern Einverständnis mit dem Versagen.

    Das ist Dein Problem. Und deshalb zappelst Du gegen Erinnerung.

    Liebe und Kritik

    Missverstehe mein Anliegen nicht, denn Du sollst Deinen Großvater lieben und achten, aber Du sollst es nicht tun, indem Du ihn in den Taten verfälscht, sondern Du solltest bereit sein, für ihn in Verantwortung zu sein, denn das Geständnis stellt ihn besser als die Fortsetzung der Lüge.

    www.inidia.de/ehre.htm >> Es gibt keine Ehre ohne Ehrlichkeit.

    Niemand soll Dir die Sippenhaft aufzwingen, denn jeder hat das Recht zum Ausschlagen des Erbes.
    Aber die Verantwortungsübernahme in der Sippe :-) durch einen selbst, ist überaus moralisch.

    Auch darum "reden wir noch immer davon".

    Grüße von Sven

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